Ein Vormittag mitten im Einsatzgeschehen. Seit sieben Jahren sind Notfallsanitäter Rafael Bis und Einsatzfahrer Savas Isikli ein eingespieltes Team. Gemeinsam verfügen sie über 40 Jahre Berufserfahrung. Pünktlich um 7:00 Uhr beginnt ihr Dienst.
Zuerst der Routinecheck des Einsatzfahrzeugs: Bremsen, Blaulicht, medizinische Ausrüstung usw. Alles muss einwandfrei funktionieren. „Wir vertrauen den Kollegen, aber Kontrolle muss sein“, sagt Rafael Bis. Der Tag läuft ruhig an – wir haben sogar Zeit für ein paar Interviewfragen vor dem ersten Einsatz. Und die beiden haben einen beachtlichen Fundus, aus dem sie erzählen können. Ihr persönliches Leitbild? „Zuallererst Empathie. Wir sind genau dann vor Ort, wenn die Menschen sich in Extremsituationen befinden“, sagt Rafael.
„Wir vermitteln ihnen – ‚Du bist in guten Händen‘. Für uns ist dabei egal, ob der Patient Direktor ist oder jemand, der auf der Straße liegt und zum Beispiel zu viel Alkohol intus hat“, ergänzt Savas Isikli. „Für unsere Arbeit ist nur wichtig: Er ist gestürzt. Warum ist er gestürzt? Er ist nicht gestürzt, weil er obdachlos ist; er ist nicht gestürzt, weil er Direktor ist. Er ist gestürzt, weil ihm schwindlig war, weil er gestoßen wurde, weil er gestolpert ist. Das sind die Backgroundinfos, die uns interessieren.“
Treibstoff für Fahrt ins Ungewisse
Das charakteristische Handyläuten kündigt den ersten Einsatz an. Savas lenkt den Rettungswagen schnell und gekonnt mit Blaulicht und Folgetonhorn zum Einsatzort am Margaretengürtel. Doch von einem Patienten ist hier keine Spur mehr. Die beiden klären die Lage und machen sich mit einem „Inter Unter“ (Anm.: steht für „Intervention unterlassen“) im Gepäck auf den Weg zurück zum Stützpunkt.
Unterwegs ereilt sie der nächste Notruf – Blaulichtfahrt, Schönbrunner Straße, Patient in unbekanntem Zustand. Schnell wird klar, dass es diesmal um Leben und Tod geht. Fast zeitgleich treffen Kolleg:innen der MA70 ein. Eine Minute später der Notarzt im NEF. Auch nach rund 15 Minuten bleibt der Mann ohne Lebenszeichen – trotz intensiver Bemühungen.
Die kritische Team-Besprechung mit Field-Supervisor, Notarzt und allen beteiligten Sanitäter:innen zeigt, dass sämtliche Handgriffe hochprofessionell gesetzt wurden. Für den Mann kam dennoch jede Hilfeleistung zu spät. Der Austausch dient auch der Verarbeitung des Geschehenen.
Derartige Einsätze und negative Erfahrungen kennen die beiden. „Menschen sterben. Es ist leider so. Aber wir können mit der Ausbildung, die wir haben, mit der Erfahrung, die wir über Jahre gesammelt haben, in vielen Situationen helfen“, erklärt Rafael bei der Rückfahrt. „Wenn man einem Menschen das Leben retten kann, ist das ein unglaublicher Treibstoff, weiterzumachen.“
Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz
Von der Routine der beiden profitier(t)- en auch zahlreiche Sanis in der Ausbildung. Heute haben die beiden keinen angehenden, sondern einen ebenfalls sehr erfahrenen dritten Sanitäter mit an Bord. Martin Ecker ist Ehrenamtlicher und weiß, worauf es ankommt: „Die Menschen erwarten, wenn sie den Notruf wählen, dass sofort jemand kommt und ihnen hilft. In Wien funktioniert das, wir haben genug Rettungsautos, wir haben genug Sanis, die Leute geben Gas, die Leute helfen!“
Um schnell wieder helfen zu können, muss zunächst noch verbrauchtes Equipment – etwa Sauerstoff und Adrenalin – nachgerüstet werden. Absaugeinheit, Defibrillator und Co. werden nach jedem Gebrauch gründlich gereinigt. Wir knipsen noch ein Foto nach dem Nachrüsten und stehen nicht mehr länger im Weg. Wer weiß, was der Nachmittag noch bringt? Die professionelle Routine und gelebte Ruhe verdienen jedenfalls Anerkennung!
Bertram Gross
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