Wer nicht mehr selbst radeln kann, der lässt sich radeln: Dank zweier Rikschas des Samariterbund Wiens erleben Senior*innen neue Mobilität und Reiseglück – und das ökologisch ganz nachhaltig.
Wenn Nico Scherrer vor der Zentrale des Samariterbundes in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus in die Pedale tritt, ist das meist der Beginn eines kleinen Abenteuers. Weniger für ihn als Fahrrad- und Outdoorfan, als vielmehr für die Senior*innen, die er in den nächsten Stunden auf eine kleine Reise mitnimmt.
„Wir holen die Seniorinnen und Senioren mit den Rikschas ab und fahren mit ihnen raus in die Natur und unternehmen einen Ausflug in ihrer Umgebung. Dadurch erleben sie ihre Umgebung aus einer anderen Perspektive“, erklärt Scherrer, Mitarbeiter in der Abteilung Qualität-Sicherheit-Umwelt und Teil des Projektteams der Rikscha-Ausfahrten beim Samariterbund Wien.
Mobilität und unbeschwerte Bewegung sind für Menschen im fortgeschrittenen Alter keine Selbstverständlichkeit mehr. Der Samariterbund Wien hat daher das umweltfreundliche Projekt „Gemeinsam Radln“ mit Rikscha-Fahrten ins Leben gerufen: Ehrenamtliche lenken die Elektro-Rikschas, die dank einer Spezialanfertigung über einen barrierefreien Einstieg und zwei bequeme Sitzplätze im vorderen Bereich verfügen. Ein ausklappbares Sonnendach sorgt auch an heißen Tagen für gute Reiseatmosphäre.
Kurztrip in die Natur
Diesmal führt die Rikscha-Fahrt am Wiener Stadtrand den Liesingbach entlang: Man riecht den Duft von frischen Wiesen, hört Kinderlachen, Vogelgezwitscher und das Plätschern des Baches. Für viele Senior*innen der Zwei-Millionen-Metropole Wien ist der Ausflug mitten in die Natur etwas ganz Besonderes.
Von der Senioren-WG in die Natur
Für die 81-jährige Rosemarie ist es nicht die erste Ausfahrt mit dem dreirädrigen Gefährt. Ihr gefällt, wie die Menschen am Wegrand auf die Rikschas reagieren. „Manche winken, andere applaudieren, viele sprechen uns an“, sagt sie: „Unsere Ausfahrten sind ein echtes Erlebnis.“
Ebenfalls mit dabei ist die rüstige Seniorin Edeltraud. „Es ist echt super, man fühlt sich so frei“, schwärmt die 74-jährige Wienerin, die früher selbst viel geradelt ist. „Es ist ein gutes Gefühl, wieder den Fahrtwind in den Haaren zu spüren“, sagt sie fröhlich.
„Durch die Ausfahrten kommen die Seniorinnen und Senioren in Kontakt mit anderen, oft auch jüngeren Menschen. Zwischen den Ehrenamtlichen, die die Rikschas fahren, und den Seniorinnen und Senioren entwickeln sich oft neue Bekanntschaften“, erzählt Scherrer, der in seiner Freizeit gerne selbst als Ehrenamtlicher für den
Samariterbund radelt. Die Begeisterung für die ökologisch nachhaltigen Rikscha-Fahrten ist kein Einzelphänomen. Immer mehr Menschen mit Bewegungseinschränkungen sind von den unkomplizierten Ausfahrten begeistert. So wurde vor 20 Jahren der internationale Verein „Radeln ohne Alter“ in Kopenhagen gegründet, dem auch der Samariterbund Wien beigetreten ist. Mittlerweile ist „Radeln ohne Alter“ in 42 Ländern weltweit vertreten.
Radfernwege bis nach Triest
Für Rosemarie, Edeltraud und Fahrer Nico führt die Rikscha-Fahrt an diesem Tag nach dem Liesingbach noch zum Eisgeschäft Enrico und endet schließlich in der Senioren-WG, wo die beiden Damen gemeinsam leben.
Würde man jedoch die Fahrt am Liesingbach fortsetzen, so könnte man mit der Rikscha über den europäischen Radfernweg EuroVelo-Route EV9 sogar bis an Meer nach Triest gelangen. Ökologisch nachhaltiges Reisen kennt keine (Alters-)Grenzen.
Susanne Kritzer
Ehrenamt
Magst du als Ehrenamtliche*r Rikscha-Fahrten begleiten? Wenn du über viel Empathie für ältere Menschen verfügst, dich gerne körperlich betätigst und ein bisschen Zeit in ein sinnvolles Projekt investieren möchtest, dann bist du bei „Gemeinsam Radln“ genau richtig. Alle Ehrenamtlichen erhalten eine Einschulung für das Fahren mit Rikschas. Bei Interesse melde dich unter: [email protected].
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