Ein zweites Leben für Lebensmittel

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Die Sozialmärkte des Samariterbund Wiens sind nicht nur wichtige Anlaufstellen für sozial benachteiligte Menschen. Sie sind auch Lebensmittelretter-Einrichtungen. In Zeiten des Klimawandels ein Aspekt, der nicht unter den Tisch fallen darf.

Sozialmärkte sind Lebensmittelretter-Einrichtungen
Sozialmärkte sind Lebensmittelretter-Einrichtungen

Wir retten im Jahr 1.000 Tonnen Lebensmittel. Da steckt natürlich auch eine aufwendige und flexible Logistik dahinter. Wir sind täglich mit fünf Fahrzeugen unterwegs“, erzählt Georg Jelenko, Leiter der Sozialmärkte des Samariterbund Wiens. Primär sind das Obst und Gemüse und originalverpackte Produkte aus dem Handel und Großhandel. Dies ist der größte Teil. 30 Prozent kommen direkt von den Produzenten. Aber auch Privatpersonen spenden mitunter. „Wer ein Einkommen unter 1.230 Euro hat, darf in den Sozialmärkten einkaufen“, erklärt Jelenko.

Fünf Sozialmärkte betreibt man derzeit in Wien. „Insgesamt arbeiten in jedem dieser Märkte rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Aber eigentlich sind es viel mehr. Wenn man alle Freiwilligen und Ehrenamtlichen dazuzählt. Denn viele Firmen geben ihren MitarbeiterInnen einen Urlaubstag, damit diese freiwillig mitarbeiten können. Auch einige Schulen machen mit. Zudem gibt es eine Kooperation mit dem Bewährungshilfeverein Neustart. „So gesehen haben wir über ein Jahr verteilt rund 1.000 MitarbeiterInnen. Und das ist gut so. Denn wir brauchen sehr viele Hände.“

Soziales Feingefühl

Einer dieser ehrenamtlichen Helfer ist Hermann. Seine KollegInnen nennen ihn auch den „lustigen Hermann“. Wenn man sich kurz mit dem freundlichen Mann mit dem Piratentuch am Kopf unterhält, wird schnell klar, warum. Seine Fröhlichkeit und seine lustige Art sind ansteckend und verbreiten gute Laune. Der gelernte Gastronomie-Mitarbeiter hat während der COVID-19-Pandemie begonnen mitzuhelfen. „So kann ich etwas zurückgeben. Zudem mag ich die Idee, dass man Lebensmittel, die zu viel produziert worden sind, hier günstig an jene weitergibt, die nicht auf die Butterseite gefallen sind.“ Er schätzt auch den Kontakt zu den KundInnen. Denn dieser Austausch ist mitunter sehr interessant und lehrreich, wie Hermann betont. „Mittlerweile kennen mich viele. Man grüßt sich. Ich weiß dann schon, was einzelne KundInnen wollen. Und lege ihnen dann das Brot auf die Seite, das sie besonders gerne haben. Oft erzählen mir die Leute ihre Geschichte. Ich finde das wichtig, dass man solche Dinge weiß. Das schärft das soziale Feingefühl.“

Enikö Nyaguly
Enikö Nyaguly

Es ist sehr wichtig, dass der erste Impuls von mir ausgeht. Somit fällt eine mögliche Hemmschwelle.

Enikö Nyaguly

Sozialberatung

Seit Kurzem wird in den Sozialmärkten auch eine professionelle Sozialberatung angeboten. Enikö Nyaguly ist studierte Sozialpädagogin und war ursprünglich in der Flüchtlingsbetreuung beim Samariterbund Wien tätig. „In meinem vorigen Job habe ich auch viel Sozialberatung und Betreuung gemacht. Somit ist das eine logische Fortführung meiner damaligen Arbeit“, erklärt Nyaguly. Die Unterstützung, die die Sozialberaterin anbietet, ist breit gefächert: Sie reicht von Wohnungssuche, über Behördengänge bis hin zu finanziellen Angelegenheiten. „Ich spreche die Menschen direkt in den Märkten an. Ich sage dann: „Hallo, ich bin die Eni und wenn Sie Hilfe brauchen, dann bin ich für sie da.“ Das ist sehr wichtig, dass der erste Impuls von mir ausgeht. Somit ist eine mögliche Hemmschwelle sofort gefallen.“, ergänzt die gebürtige Ungarin. Die Nachfrage ist sehr groß. Und die Menschen sind dankbar für die Unterstützung, die sie bekommen. „Oft sind es ältere Menschen, die kein Internet und keinen Computer haben und mit Behördensachen zunehmend überfordert sind. Aber auch Menschen, die nicht so gut Deutsch können, unterstütze ich so gut es geht.“

Nachhaltiges Handeln

Neben dem sozialen Aspekt geht es auch vor allem um den Kampf gegen die Lebensmittelverschwendung. „Wir starten gerade ein neues Projekt. Da retten wir gekochtes und fertiges Essen von Caterern und Veranstaltungen. Wir holen das Essen ab und geben es an unsere Sozialmärkte oder andere Einrichtungen von uns weiter“, so Jelenko. Zudem wolle man auch bei den ProduzentInnen vorstellig werden, um Obst und Gemüse, das auf den Feldern liegen bleibt, nicht verrotten zu lassen. Generell muss in diesem Bereich ein großes Umdenken stattfinden, denn es werden zu viele Lebensmittel produziert. Und das verbraucht Ressourcen aller Art. Der Lebensmittelverschwend­ung muss ein Riegel vorgeschoben werden, wie Georg Jelenko nachhaltig betont: „Lebensmittel haben in unserer schnelllebigen Zeit keine Wertigkeit mehr. Ich denke da an das Brot. Das wird schnell und immer zu viel gebacken und wenn es nach zwei Tagen hart ist, wirft man es weg und kauft ein neues.“

Georg Widerin

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