Sowohl Willi Vorlaufer als auch Florian Heindl haben sich für einen Zivildienst bei der ASB-Gruppe Rabenstein entschieden. Der eine kam 1984 als „Zivi“ zum Samariterbund, der andere gut 40 Jahre später. Wie hat sich das Zivildienstwesen im Laufe der Jahrzehnte gewandelt? SAM hat bei den beiden Samaritern im niederösterreichischen Pielachtal nachgefragt.

Willi Vorlaufer als auch Florian Heindl haben sich für einen Zivildienst bei der ASB-Gruppe Rabenstein entschieden
Willi Vorlaufer als auch Florian Heindl haben sich für einen Zivildienst bei der ASB-Gruppe Rabenstein entschieden

Lieber Willi, mittlerweile bist du Obmann der ASB-Gruppe Rabenstein – begonnen hat deine Samariterbund-Karriere aber, wie bei so vielen deiner Kollegen, mit einem Zivildienst. Warum wolltest du „Zivi“ werden?

Es war purer Zufall! Eigentlich hatte ich vor, zum Bundesheer zu gehen. Der damalige Obmann der Gruppe Rabenstein war mit meinem Vater gut befreundet, der hat mir den Zivildienst dann schmackhaft gemacht. Zum Glück – sonst würde ich heuer wohl nicht mein 40-jähriges Dienstjubiläum beim Samariterbund feiern können.

Welchen Stellenwert hatten Zivildiener in deiner Zeit?

Das ist kein Vergleich zu heute. Wir galten teilweise als Wehrdienstverweigerer, als „faule Hund’“, wurden manchmal regelrecht beschimpft. Vor allem mit ein paar alten Männern im Ort hatte ich unschöne Diskussionen. Besonders sensibel durfte man da nicht sein. Aber so war halt der Zeitgeist damals.

Seit 40 Jahren ist Willi Vorlaufer beim Samariterbund, begonnen hat er 1984 als „Zivi“.
Seit 40 Jahren ist Willi Vorlaufer beim Samariterbund, begonnen hat er 1984 als „Zivi“.

Welche Erinnerung hast du an die Gewissensprüfung durch die Zivildienstkommission?

Als ich einrücken musste, 1984, gab es von unserem Landesverband schon einen Fragenkatalog, mit dem man sich gut auf diese Situation vorbereiten konnte. Aufpassen musste man trotzdem. Ich wurde zigmal das Gleiche gefragt, zum Beispiel ob ich Jäger bin bzw. wie ich zur Jagd stehe. Widersprechen durfte man sich da nicht.

1984 dauerte der Zivildienst zwölf Monate. Wie siehst du im Rückblick dein Zivildienstjahr?

Im Vergleich zu den anderen auf der Dienststelle waren wir für damalige Verhältnisse sehr gut ausgebildet. Dazu muss man wissen: In den 1980ern reichte ein 72-Stunden-Erste-Hilfe-Kurs, um ehrenamtlich als Sanitäter zu arbeiten. Wir „Zivis“ mussten aber schon eine dreiwöchige Schulung absolvieren. Eingesetzt wurden wir jedoch trotzdem vorwiegend für niedrige Arbeiten. Das lag daran, dass unsere Dienststelle sehr, sehr gut besetzt war und die Ehrenamtlichen Vorrang gegenüber uns „Zivis“ hatten – deshalb waren wir froh, wenn wir überhaupt als „Sani“ mitfahren durften. Das hat sich aber zum Glück massiv geändert. Heute weiß man, was man an den Zivildienern hat. Wir setzen unsere Burschen entsprechend ihrer Ausbildung ein. Alles andere wäre fahrlässig. Denn seien wir uns ehrlich: Ohne „Zivis“ wäre jede Dienststelle aufgeschmissen. Es würde das Rettungswesen in dieser Form nicht geben!

Lieber Florian, du bist einer von aktuell sechs „Zivis“ beim ASB Rabenstein. Wann hat du dich dafür entschieden, deinen Zivildienst beim Samariterbund zu machen?

Das war relativ spontan, eigentlich erst direkt bei der Stellung. Ich war gemeinsam mit einem Freund bei diesem Termin, und er hat mich überhaupt erst auf die Idee gebracht, zur Rettung zu gehen. Er hat gemeint, dass das für mich – da ich Rabensteiner bin und mich im Ort gut auskenne – super passen würde. Und so war es dann auch!

Florian Heindl, einer von sechs Zivildienstleistenden der ASB-Gruppe Rabenstein.
Florian Heindl, einer von sechs Zivildienstleistenden der ASB-Gruppe Rabenstein.

Wie schaut ein typischer Tag von dir aus?

Ich komme auf die Dienststelle, melde mich an und checke als erstes, ob die Autos einsatzbereit sind (Anm.: Die Gruppe Rabenstein verfügt über zwei KTWs und einen RTW sowie ein Essen auf Rädern-Fahrzeug). Danach schaue ich, was auf der Dienststelle zu tun ist bzw. warte auf meine Einsätze. Das Coole an meiner Tätigkeit: Es gleicht kein Tag dem anderen, und man kommt viel mit unterschiedlichen Menschen in Kontakt. Wenn ich es mir aussuchen kann, bin ich aber am liebsten mit dem KTW unterwegs, da ist immer etwas zu tun.

Als Zivildienstleistender wird man mit vielen herausfordernden Situationen konfrontiert. Fühlst du dich darauf gut vorbereitet?

Darauf achten schon meine Vorgesetzten und die erfahreneren Teammitglieder. Meine Kolleginnen und Kollegen wissen, wie sie mir Dinge vorzeigen oder erklären müssen, damit ich mich im Einsatz und im Notfall sicher fühle. Wenn ich Unterstützung brauche, bekomme ich sie immer. Das stärkt ungemein.

Würdest du den Zivildienst weiterempfehlen?

Ich möchte nicht für andere sprechen, aber für mich war es definitiv die richtige Entscheidung. Etwas zu tun, wovon die gesamte Gesellschaft profitiert, ist sehr bereichernd. Was noch dazu kommt: Man lernt als „Zivi“ bei der Rettung Dinge, die man auch im privaten Leben brauchen kann. Wenn ich jetzt zu einem Notfall komme, weiß ich, wie ich reagieren muss und wie ich helfen kann. Das kann mir keiner mehr nehmen!

Wirst du nach deinem Zivildienst ehrenamtlich beim Samariterbund bleiben?

Ich bin sehr gern „Sani“. Wenn es sich beruflich vereinbaren lässt, auf alle Fälle! ˜

Das Interview führte Franziska Springer

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