„Essen gehen – das geht sich nicht aus“

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Ein Jahr Suppentopf. Das Konzept: Gemeinsam Kochen und dabei Gutes tun. sam WIEN hat sich beim Suppentopf im Sozialmarkt Donauzentrum umgesehen und umgehört.

Spätsommerliches Wetter, Heurigenbankerln im Freien, eine Spielecke für Kinder und vor allem ein herrlicher Geruch in der Luft: Am 11. Oktober herrschte großer Andrang im Sozialmarkt Donauzentrum. Bereits zum dritten Mal war der Suppentopf zu Gast in der Einrichtung, ab 11:30 Uhr wurden warme, frisch gekochte Speisen an die Kund:innen ausgegeben.

Antonia Winkelbauer ist an diesem Tag schon zum zweiten Mal unter den Besucher:innen, wenn Koch Tobias gemeinsam mit zahlreichen Freiwilligen selbst Gekochtes an die Kund:innen des Sozialmarktes verteilt. Heute bei der 83-Jährigen am Speiseplan: „Ein Kürbisgulasch und ein Sauerkraut dazu – das hab‘ ich mir gewünscht.“ Sie selbst war jahrelang in einer Großküche im Einsatz, und zwar im SMZ Ost. Wie lautet ihr fachmännisches Urteil? „Schmeckt einmalig! Ich bin wirklich sehr zufrieden!“

Zum Leben gehört mehr als Essen und Trinken. Auch der soziale Kontakt von Mensch zu Mensch ist wichtig. Wer von Armut bedroht ist, dem fehlt häufig die Möglichkeit dafür.
Zum Leben gehört mehr als Essen und Trinken. Auch der soziale Kontakt von Mensch zu Mensch ist wichtig. Wer von Armut bedroht ist, dem fehlt häufig die Möglichkeit dafür.

Gemeinschaft und Familie

Gäste und Freiwillige sitzen gemeinsam am Esstisch. Wen man auch fragt, man versteht sich hier als große Gemeinschaft, beinahe als Familie. „Der niederschwellige Zugang zu Lebensmitteln sorgt bei uns für regelmäßigen Kontakt zu Menschen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen sind“, erzählt Barbara Karoly, Leiterin des Sozialmarkts im Donauzentrum. „Durch die Einladung zu einer warmen Mahlzeit ergeben sich noch mehr Möglichkeiten: für ein Gespräch, für Austausch, aber auch für zusätzliche Hilfen – um Wege aus der Not aufzuzeigen.“ Das gemeinsame Essen gibt vielen Menschen hier einen Raum, von dem sie ansonsten ausgegrenzt sind.
Unter den Gästen befindet sich auch Jenny Schneeberger. Sie ist Mutter dreier Kinder und heute mit ihrer Schwester zum Mittagessen gekommen. Auch ihr Jüngster ist mit dabei, die Brezn hat ihm vorzüglich geschmeckt. Für den Rest der Familie hat Jenny Kürbisgulasch eingepackt. „Es spricht sich herum. Der Andrang wird von Mal zu Mal größer“, erzählt sie. Der Suppentopf sei eine „einmalige Unterstützung, denn Essen gehen, das geht sich sonst nicht aus.“ Die 41-Jährige kocht selbst zwar zumindest fünf und bis sieben Mal die Woche, gegen Ende des Monats werde es jedoch mit dem Lebensmitteleinkauf schon eng.

 

Suppentopfianer gegen Hunger

Wenn man sich zwischen den Heurigenbankerln umsieht und mit den Menschen spricht, drängt sich eine klare Erkenntnis auf: Finanzielle Entbehrungen sind mitten in der Gesellschaft angekommen. Das unterstreichen auch aktuelle Zahlen der Statistik Austria: Demnach sind 17,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung armutsgefährdet. Rund ein Viertel der Betroffenen sind Kinder und Jugendliche. Fast acht Prozent können sich gar nur jeden zweiten Tag eine warme Hauptmahlzeit leisten.

Und genau hier setzt das Projekt Suppentopf an. Seit November letzten Jahres erhalten Sozialmarktkund:innen in den fünf Märkten abwechselnd, regelmäßig und kostenlos warme Speisen. Gekocht wird dabei in einer vollausgestatteten Gastro-Küche im 20. Bezirk unter der Aufsicht von Chefkoch Tobias Aistleitner.

Gemeinsam kochen und dabei Gutes tun kann jede und jeder, ob mit Arbeitskolleg:innen oder im Bekanntenkreis. Einmal vormittags kochen bedeutet eine warme Mahlzeit für rund 300 Personen. Gemeinsam mit den Suppentopfianern, wie sich die 25 engagierten Freiwilligen rund um Chefkoch Tobias selbst scherzend bezeichnen, wird das Essen danach ausgegeben. Zuspruch und Zulauf sprechen Bände, und die Entwicklung freut alle Beteiligten.
In der Zwischenzeit neigt sich die Essensausgabe jedoch schon wieder dem Ende zu. Als eine der Letzten macht sich auch Antonia Winkelbauer auf den Heimweg. In der Tasche hat sie ein paar übriggebliebene Semmeln und Brezen. „Die bringe ich jetzt noch zur Bücherei, dort bekommen sie Bekannte, die sie ebenfalls sehr gut brauchen können“, erzählt sie. „Man schaut einfach aufeinander.“ ˜

Spendenkonto
Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs
Landesverband Wien
AT65 2011 1287 6984 9600
Kennwort: Suppentopf

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