Josef Salvenmoser lebt im Haus Riga für wohnungslose Menschen und kämpft sich nach einem persönlichen Schicksalsschlag wieder zurück ins Leben. Seine Liebe zu Literatur und Kunst hilft ihm.
Dass es in Wien Häuser wie dieses gibt, ist nicht hoch genug zu schätzen.
Als Josef Salvenmoser 1987 mit zwei Freunden nach Paraguay zieht, ist die Welt des damals 24-jährigen Studenten noch in Ordnung. Den Traum von einem eigenen Wiener Kaffeehaus setzen die jungen Freunde gemeinsam im tropischen Paraguay in die Tat um. Der gebürtige Wiener verliebt sich in seine spätere Frau, mit der er zwei Kinder hat, und durchlebt glückliche Jahre. Eine schwere Erkrankung seiner Mutter in Wien reißt Salvenmoser aus seinem Idyll. Spontan beschließt er samt Familie nach Wien zu ziehen. Während sich seine Kinder schnell in der neuen Stadt heimisch fühlen, leidet seine Frau an der Umstellung. Sie erkrankt an der Niere und erleidet einen Schlaganfall. Eines Tages, als Salvenmoser nach Hause kommt, ist sie samt Kindern verschwunden, die Wohnung ist leer.
„Da bin ich in ein tiefes, schwarzes Loch gefallen, aus dem ich bis heute nicht ganz herausgekommen bin“, erzählt Salvenmoser. Ein Versuch, seinem Leben ein Ende zu setzen, misslingt. Nach dem Spital kommt er auch dank Hilfe von Sozialarbeitern wieder auf die Beine und erhält nach einer Zeit in einer Übergangswohnung einen Platz im Haus Riga.
„In dieser Einrichtung für ehemals wohnungslose Menschen leben insgesamt 228 BewohnerInnen, die selbständig ihren Alltag bewältigen“, erzählt Sandra Keinberger, Sozialarbeiterin und stellvertretende Teamleiterin im Haus Riga. „Bei Bedarf unterstützen wir mit klassischer Sozialarbeit und bieten Gruppenaktivitäten an, wie die Gartengruppe oder die Kultur- und Literaturgruppe“, erklärt Keinberger.
Neue Kraft schöpfen
„Dass es in Wien Häuser wie dieses gibt, ist nicht hoch genug zu schätzen“, sagt Salvenmoser, der seit vier Jahren im Haus Riga lebt. Die vom FSW (Fonds Soziales Wien) geförderte 20 Quadratmeter große Wohnung inklusive kleiner Küche, Dusche und WC mietet er für 310 Euro im Monat: „Ich schätze die hohe Wohnqualität hier, die Nachbarschaft ist sehr angenehm, und es gibt viele Grünflächen.“
Im Gemeinschaftsraum im 2. Stock befindet sich die Bibliothek des Hauses. Hier, zwischen den vielen Büchern, fühlt sich der interessierte Mann besonders wohl: „Kommunikation ist für mich sehr wichtig. Ich tausche mich gerne mit Menschen aus und liebe es zu schreiben.“
Seit Anbeginn verfasst Salvenmoser Beiträge in der hauseigenen Zeitung „DAHAAM“, die mit wirklich beeindruckenden Texten überrascht und immer wieder auch außerhalb des Wohnhauses für Bewunderung sorgt. Und für das Buch „Von der Würde der Wellen und den Grenzen des Gugelhupfs“, das anlässlich des 15. Geburtstags der Aktion „Hunger auf Kunst und Kultur“ erschienen ist, hat Salvenmoser einen Beitrag verfasst. Diese Kulturpass-Aktion macht es möglich, dass sozial benachteiligte Menschen freien Eintritt in zahlreiche kulturelle Einrichtungen wie Kinos, Museen und Theater erhalten. Aktuell gibt es in Wien 238 Kulturpartner. Das Buch erzählt Geschichten von und über Menschen, für die sich durch den Kulturpass wieder eine Türe zu Kunst und Kultur und zum Leben geöffnet hat.
Literatur als Lebenselixier
Neben dem „unwahrscheinlichen Angebot“ im Bereich der Museen schätzt Salvenmoser vor allem auch die Möglichkeit, die städtischen Büchereien günstig nutzen zu können. „Ich lese sehr gerne, Belletristik, Literarisches, Zeitgenössisches, Qualitätszeitungen und besonders gerne Michael Houellebecq“, erzählt Salvenmoser, dem beim Gedanken an seinen Lieblingsautor ein kurzes Lächeln über die Lippen huscht. Für seine Zukunft nimmt sich Salvenmoser vor, weiter zu schreiben, vielleicht noch mehr und auf jeden Fall kritischer als bisher.
Susanne Kritzer
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