Wenn der Vater mit dem Sohne… checkfelix für Zugreisen

NewsSAM

Matthias und Elias Bohun haben gemeinsam ein sehr spezielles Reisebüro gegründet. Es nennt sich Traivelling und hat sich das Bahnfahren auf die Fahnen geheftet. Begonnen hat alles mit einer Zugreise nach Vietnam. Vater Matthias im Interview mit SAM über entschleunigtes Reisen, Flugscham und warum das Bahnfahren im Vergleich zum Fliegen immer noch so teuer ist.

Elias und Matthias Bohun wollen die Welt der Schienen für ihre  Kund*innen erschließen
Elias und Matthias Bohun wollen die Welt der Schienen für ihre Kund*innen erschließen

Wie kam es denn dazu diese spezielle Idee umzusetzen? Sprich ein Reisebüro für Zugreisen ins Leben zu rufen?

Wir sind ein Gründerteam, das aus Vater und Sohn besteht. Zudem haben wir noch zwei Partner an Board. Heute ist es ja so, dass die Fridays for Future-Kinder ihre Eltern erziehen. Und so war es auch bei uns. Elias wollte nach Asien nach der Matura. Er hat sich dann überlegt, mit dem Zug nach Hanoi zu fahren und hat das monatelang vorbereitet. Die Reise war toll und so hat Elias die Idee geboren, daraus eine Geschäftsidee zu kreieren. Wir haben dann gemeinsam überlegt, wie wir das angehen könnten, denn es gab nichts Vergleichbares am Reisemarkt.

Woher stammt dieses Interesse ihres Sohnes für Züge und Bahnreisen?

Ich habe ihm mal erzählt, dass ich in meiner Jugend mit einem Ticket bis nach Frankreich, Spanien, Griechenland fahren konnte. Und heute, wenn man auf die Reiseplaner-App der ÖBB (scotty) geht, bekommst du vielleicht eine Auskunft für längere Routen, aber man kann es nicht buchen. Du kannst es nirgendwo buchen. Elias hat daraufhin begonnen sich damit zu befassen, wie man das technisch lösen kann. Die Grundidee ist und war eine Buchungsplattform wie Checkfelix, aber halt für Zugreisen und nicht für Flüge. Zudem wollte er auch immer schon fremde Länder kennenlernen. Und so ist eines zum anderen gekommen. Und da er nicht mehr fliegen wollte, hat er sich aufs Zugreisen spezialisiert. Vor 30 Jahren war das Bahnreisen das Normale. Dahin wollen wir wieder hin. Denn die sinnlose und billige Herumfliegerei, die die Massen von A nach B bringen, ist einfach kein zukunftsträchtiges und auch kein ökologisch haltbares Modell.

Wie ist es nach der Maturareise nach Vietnam weitergegangen und wie schnell gab es dann zu Beginn dieser Idee schon eine Nachfrage?

Viele junge Menschen wollen nicht mehr fliegen. Zudem kommt der Aspekt dazu, dass vor allem bei Billigflügen irgendjemand doch die Rechnung bezahlen muss. Das war 2019 auch schon sehr präsent. Zudem hat zu der Zeit auch Fridays for Future begonnen. Wir wurden dann recht schnell mit unserer Idee bekannt. Viele Medien haben Geschichten über uns gemacht. Das hat am Anfang sehr geholfen. Innerhalb kürzester Zeit kamen einige tausend Anfragen. Da geht es nicht nur um den Umweltgedanken. Viele Menschen haben einfach auch Flugangst. Zudem gibt es immer mehr Menschen, die lieber entschleunigt reisen. Für diese ist die Anreise auch schon Teil des Urlaubs.

Wie alles begann: Elias vor der Trans-Sib am Weg nach Hanoi (Vietnam)
Wie alles begann: Elias vor der Trans-Sib am Weg nach Hanoi (Vietnam)

Was für Destinationen waren das? Gab es da gewisse Reiseziele die vermehrt gefragt waren?

Ja da gibt es schon bestimmte Strecken. Vor allem die klassischen Städtetrips. Wie zum Beispiel Wien – Barcelona. Die meisten Wochenendtrips mit dem Flieger sind auch auf den Bahnstrecken gefragt. Es ist schon so, dass man dafür mehr Zeit braucht und es derzeit mehr kostet. Aber diese Art des Reisens wird für immer mehr Leute interessant. Wir haben derzeit an die 10.000 detaillierte Anfragen in unserer Datenbank und die werten wir auch laufend aus. Das ist unser Kapital.

Der Faktor Zeit ist ja in diesem Konzept von Ihnen ein ganz wesentlicher?

Es ist nicht mehr so, dass der höchste Genuss darin liegt, das billigste Schnäppchen für einen Flug zu ergattern, um da irgendwo weit weg in einem Club zu sitzen, mit lauter anderen Menschen aus dem eigenen Land. Da verändert sich generell was. Und das spüren wir und kommt uns auch zu gute. Nach Hanoi kannst du schon um 700 Euro fahren. Und das ist einfach eine spannende Weltreise.

Zugfahren bringt eine neue-alte Qualität ins Reisen zurück: Den Genuss.
Zugfahren bringt eine neue-alte Qualität ins Reisen zurück: Den Genuss.

Es gibt genug Menschen, die gern öfters mit dem Zug fahren würden, wenn es nicht so viel teurer wäre als das Fliegen. Glauben sie, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird?

Die Tatsache, dass es immer noch extrem ungerecht ist wie Flüge subventioniert sind beziehungsweise geringer besteuert werden, verfälscht den Wettbewerb. Das wird sicher kommen, dass Bahn fahren im Vergleich zum Fliegen wieder billiger wird. Das muss natürlich auf europäischer Ebene geschehen. Das Fliegen wird sicher auf lange Sicht wieder teurer werden müssen.

Wie sieht es denn wirtschaftlich für Traivelling aus? Wirft das Unternehmen was ab, oder ist es mehr Liebhaberei und Hobby?

Wir sind bis jetzt ein klassisches Reisebüro, wo alles manuell gebucht wird. Und das ist schon aufwendig. Wir arbeiten gerade mit Hochdruck an einer digitalisierten Buchungsplattform, die im Laufe des Sommers online gehen wird. Das ist dann schon ein Modell, von dem wir leben wollen und können. Nicht nur wir, sondern auch unsere beiden Techniker im Team. Zudem haben wir mit dem Geschäftsmodell die Wirtschaftsagentur Wien überzeugt, die uns eine Förderung über 80.000 Euro gegeben hat. Wir hoffen, dass unser digitales Reisebüro, auch profitabel sein wird.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Vater und Sohn? Gibt es da Reibungspunkte?

Eigentlich gar nicht. Das ist eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Elias gehört zu einer Generation, die gewaltlose Kommunikation kann. Es ist interessant: Da, wo er nicht mehr weiterweiß, kann ich weiterhelfen und umgekehrt. Wir sind ein gutes und diverses Team. Wir lernen sehr viel voneinander. Und natürlich wollen wir mit diesem Projekt auch bewusstseinsverändernd wirken in der Gesellschaft.

Georg Widerin

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