Der Samariterbund Wien hat mit dem PowerLEO ein Programm gestartet, das Mädchen den Blick für eine selbstbestimmte Zukunft öffnen soll.
Geht nicht gibt’s nicht“ – auf diese Aussage lässt sich letztlich all das zusammenfassen, was das PowerLEO-Programm des Samariterbund Wiens ausmacht. Dabei handelt es sich um ein Projekt ausschließlich für Mädchen, bei dem es um das Bewusstmachen von Lebens- und Berufswegen jenseits von Gender-Klischees und männerdominierten Strukturen geht, die in vielen Familien immer noch übergroß gelebt werden.
Die insgesamt 64 teilnehmenden Mädchen zwischen sechs und 14 Jahren aus den drei LernLEOs des Samariterbund Wiens hatten dabei die Wahl aus einer Vielzahl höchst unterschiedlicher Angebote: von der Bildungsberatung über Firmenbesuche bis zum praktischen Kennenlernen technischer Berufe, vom Malworkshop über einen Selbstverteidigungskurs bis zur Begegnung mit weiblichen Vorbildern. Diese Role Models haben in ihren Leben Stereotype durchbrochen, „frauenuntypische“ Berufe ergriffen und sehr viel erreicht. So wie Justizministerin Alma Zadić, die sich eine Stunde lang Zeit nahm, in den Räumen des LernLEOs von ihrer Biografie zu berichten und Fragen der Zuhörerinnen zu beantworten.
Eine Blaupause für das in dieser Art wohl einzigartige Programm einer Lerneinrichtung gab es nicht. „Das haben wir uns selbst ausgedacht“, sagt Pia Camus. Sie ist Leiterin der drei LernLEOs, die in Wien kostenlos unter anderem Hausaufgabenbetreuung, Nachhilfe, gemeinsames Spielen und Lesen sowie eine gesunde Jause anbieten. Birgit Greifeneder, Leiterin des Fachbereichs Kinder, Jugend und Familie beim Samariterbund Wien, und Camus hatten das PowerLEO vor über einem Jahr konzipiert.
Doppelte Diskriminierung
Entstanden ist die Idee aufgrund ihrer Erfahrungen aus den LernLEOs: Mädchen sind oft mehrfach diskriminiert, haben deswegen nicht die gleichen Chancen wie Burschen. Warum? Es ist einmal die Gesellschaft, die Frauen oft weniger zutraut und entsprechend weniger Optionen bietet. So, wie das auch bei Menschen mit Migrationshintergrund der Fall ist. Mädchen oder Frauen mit einem Migrationshintergrund erleben deswegen sogar eine doppelte Diskriminierung. Wenn dann noch konservativere Elternhäuser hinzukommen, die den Mädchen ebenfalls weniger zutrauen oder erlauben, kommt die Benachteiligung nicht nur von außen, sondern herrscht auch innerfamiliär. Daher das PowerLEO als Versuch eines Gegensteuerns: „Die Mädchen zu fördern und ihnen zu zeigen, dass ein Leben nach Klischeekriterien nicht sein muss, war Ausgangspunkt und Grundidee“, erklärt Camus.
Die Pädagogin Aenna Frottier betreut neben Camus das Projekt federführend. Ihr ist besonders wichtig, dass den Mädchen klar wird, tatsächlich mehr Möglichkeiten zu haben, als ihnen zu Beginn bewusst war – sowohl hinsichtlich der Freizeitgestaltung, des generellen Auftretens als auch der Berufsentwicklung. „Jeder Workshop ist ein Puzzlestein dazu. Wenn kleine Mädchen sich plötzlich als Fußballspielerinnen zeichnen, dann ist das schon ein Schritt in diese Richtung.“ Mit Einfluss auf die Zukunft. Allein dadurch, dass sich die Mädchen auf unterschiedlichsten Ebenen mit dem Thema auseinandersetzen, ist ein Grundstein gelegt. „Und den kann man nicht mehr wegnehmen“, hofft Camus. Auf dass es umso selbstverständlicher für die Mädchen und jungen Frauen wird, alle (Lebens-)Wege beschreiten zu können und das auch selbstbewusst einzufordern.
Langfristige Wirkung
Für die Mädchen ist die Teilnahme gratis. Um das zu ermöglichen, wird das PowerLEO von der international tätigen und seit Langem in sozialen Projekten engagierten Steuerberatungsgesellschaft Mazars finanziert. Die Pilotphase des Programms endet im August. Eine Fortsetzung im kommenden Jahr kann man sich beim LernLEO sehr gut vorstellen. „Wir haben Ideen für mindestens einen zweiten Durchgang. Und je mehr man den Mädchen bietet, umso mehr wird sich da etwas verfestigen, eine langfristige Wirkung haben“, ist sich Frottier sicher. Am Interesse der Mädchen dürfte es nicht mangeln. Wo sie schließlich gerade zum Ende jedes Termins fragen, wann wohl der nächste sei.
Michael Brommer
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