„Fake News“ für den Notfall

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Der oberösterreichische Samariterbund in Linz simuliert im Ausbildungsprojekt „Dayshift/Nightshift“ herausfordernde Einsatz-Szenarien. Für die Kreation der Tag- und Nachtschicht-Übungen erhielt „Mastermind“ Michael Feller den „Camillo Award“.

Auch im Dunkel der Nacht wurden realistische Szenarien nachgestellt.(Fotos: Samariterbund Linz)
Auch im Dunkel der Nacht wurden realistische Szenarien nachgestellt.(Fotos: Samariterbund Linz)

Der „Camillo Award“ ist eine besondere Auszeichnung für herausragende Sanitäter:innen, die durch persönliches Engagement, Innovationen oder besondere Projekte zur qualitativen Weiterentwicklung des österreichischen Rettungsdienstes beitragen. Mit dem Award setzten das österreichische Parlament und der Bundesverband Rettungsdienst mit ausgewählten Kooperationspartner:innen ein öffentlich sichtbares Zeichen zur Würdigung von Sanitäter:innen. Wegbereiter:innen aus dem ganzen Land wurden vor den Vorhang geholt. Einer der zehn Preisträger:innen war Notfallsanitäter DGKP Michael Feller, langjähriger ehrenamtlicher Mitarbeiter des Samariterbund Oberösterreichs/Linz.

Extrem realistische Notfall-Szenarien

Die „Shift“-Idee entstand vor fast fünf Jahren. Im Jänner 2020. Michael Feller und Christoph Macho saßen im zweiten Stock der Samariterbund-Zentrale in Linz und überlegten, wie sie das Ausbildungsformat „Simulation in der Präklinik“, mit dem diverse Szenarien fernab vom Schulungsraum trainiert wurden, weiterentwickeln könnten.
 

Kein Grund zur Panik! Die schauspielerische Leistung der „Opfer“ war top!
Kein Grund zur Panik! Die schauspielerische Leistung der „Opfer“ war top!

Im Juli 2020 fand die erste „Nightshift“ statt. Sechs realistische Notfall-Szenarien mit unterschiedlichsten Verletzungen wurden „gefaked“ und von vier Rettungswägen und einem Notarzt-Auto abgearbeitet. Die Kolleg:innen fuhren in ganz Linz von einem Einsatzort zum nächsten. Dort waren bereits „Patient:innen“ platziert. Den Part des Notarztes übernahmen Medizinstudent:innen. Das Feedback der Teilnehmer:innen über diese spielerische Art der Fortbildung war unisono sehr positiv.

„Nightshift 2“ wurde im September 2020 durchgeführt, und im Mai 2021 stand die erste „Dayshift“ auf dem Programm.

Am 18. Mai 2024 fand mit der „Night­shift 6“ die mittlerweile zehnte „Shift“ statt, bei der sich 18 Teilnehmer:innen, darunter drei Notärzt:innen, mit vier Rettungswägen und zwei Notarzteinsatzfahrzeugen den verschiedensten Herausforderungen stellten. Dabei wurden sowohl Einzelbeispiele als auch komplexe Großübungen realitätsnah simuliert.

Die Auszubildenden sahen sich mit unterschiedlichen Szenarien wie einem Treppensturz, einem Skateboard-Unfall oder mit Schwangerschaftskomplikationen konfrontiert. Auch komplexe Großübungen kamen nicht zu kurz: Gemeinsam mit der Freiwilligen Feuerwehr St. Magdalena wurde ein Notfall im Keller eines Bauernhofs simuliert, während mit der Freiwilligen Feuerwehr Pöstlingberg die rasche und effiziente Versorgung von Verletzten bei einem umgestürzten Anhänger geübt wurde.

Die Einsatzkräfte stießen bei dieser realistischen Übungsreihe nicht selten an ihre körperlichen Grenzen.
Die Einsatzkräfte stießen bei dieser realistischen Übungsreihe nicht selten an ihre körperlichen Grenzen.

Auch eine zusätzliche „Extrashift“ gab es im heurigen Jahr. Die Großübung nahm die rund 60 Teilnehmer:innen des ASB Kärnten, Alkoven, Feldkirchen und Linz drei Tage und Nächte (19. bis 21. April 2024) in Anspruch. 28 größere und kleinere Einzelszenarien verlangten ein ständiges Anpassen der Rettungskräfte an neue Situationen, da aufgrund einer simulierten Katastrophe und des real schlechten Wetters Teile des Einsatzbereichs nur schwer zugänglich waren. Zu den Höhepunkten zählten jedenfalls ein Brand im Informationsgebäude des Linzer Jahrmarktgeländes, eine groß angelegte Suchaktion mit der Rettungshundestaffel Alkoven, ein Flugzeugabsturz in der Donauau und die Rettung einer Person aus der Donau durch die Wasserrettung. Alles sehr spektakulär!

Nächste „Shift“ im September 2024

Mittlerweile fanden bereits sechs „Nightshifts“ und vier „Dayshifts“ statt. Das Konzept wurde aufgrund der Feedbacks von den Teilnehmer:innen ständig überarbeitet.

Dazu Michael Feller: „Neben Rettungssanitäter:innen und Notfallsanitäter:innen wissen auch Notärzt:innen und Medizinstudent:innen diese außergewöhnliche Art der Fortbildung sehr zu schätzen. Wir bieten mittlerweile ein Gesamtkonzept für die realitätsnahe Übung eines ganzen Dienstes (Tag oder Nacht), das auch bei unseren Partnerorganisationen wie z. B. den Freiwilligen Feuerwehren sehr beliebt ist. Auch die Polizei und die Bergrettung Linz sind dabei.“Um das Training so realistisch wie möglich zu gestalten, wurden die Darsteller:innen der verletzten Personen von Makeup-Artists authentisch mit Wunden geschminkt, was die Illusion der „Notfälle“ noch zusätzlich verstärkte. Ein Herzinfarkt, eine Böllerexplosion mit mehreren Verletzten, ein Forstunfall, ein E-Scooter Unfall, eine Reanimation, ein Fahrradunfall, eine Gasexplosion, ein Ertrinkungsunfall, Schüsse in einem Bürogebäude, ein Reitunfall, ein Gebäudebrand und eine Massenschlägerei – all das findet sich in der bisherigen Chronik.

Die Einsatzleiterin koordiniert fingierte Notfälle.
Die Einsatzleiterin koordiniert fingierte Notfälle.

Die zehn Stunden dauernden „Shifts“ sind in den letzten Jahren ein fixer Bestandteil des Ausbildungsprogramms beim Samariterbund Linz geworden. Allerdings ist der Aufwand beträchtlich. Das Team ist gewachsen, der logistische Aufwand gestiegen. Die Planung beginnt spätestens zwei Monate vorher. Die einzelnen Szenarien werden von Feller wie ein Drehbuch geschrieben. Schauspieler:innen müssen gesucht werden. Die befreundeten Organisationen werden koordiniert.

„Das Simulationsteam ist mittlerweile ein rund 20-köpfiges Team. Ich bedanke mich bei allen. Wenn es dieses Simulationsteam nicht gäbe, würden diese Aktionen nicht möglich sein. Alle leisten großartige und verlässliche Arbeit und funktionieren so präzise wie ein mechanisches Uhrwerk, wenn ein Zahnrad in das nächste greift. All das haben wir uns in den letzten Jahren gemeinsam erarbeitet“, sagt Michael Feller stolz.

Am 28. September 2024 findet die „Dayshift 5“ statt, die mit dem 111. Szenario beendet sein wird. Da die Ressourcen immer wieder ein Thema sind, wird sich erst zeigen, ob im Jahr 2025 eine weitere „Shift“ stattfinden kann. ˜

Georg Biron

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