Charmant, frech und authentisch - Interview mit Fanny Stapf
Im Interview mit SAM erzählt die quirlige und junge ORF-Journalistin Fanny Stapf, wie alles begonnen hat, was ihre Entscheidung für ihren Beruf im Journalismus mit ihren drei älteren Brüdern zu tun hat und warum Erwachsene und Kinder als Zielgruppen gar nicht so unterschiedlich sind.
Du giltst seit geraumer Zeit als Senkrechtstarterin im ORF. Wie hat denn das alles begonnen und warum hast du dich auf Informationssendungen für Kinder spezialisiert?
Begonnen hat das Ganze tatsächlich während Corona im ersten Lockdown. Und als die Regierung gesagt hat, die Schulen werden schließen, sollte es am Vormittag für Schüler und Schülerinnen auf ORF 1 täglich eine Sendung geben. Da bin ich dann quasi wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Innerhalb von vier Tagen haben wir dann das Format „Freistunden“ mit einem superkleinen Team aus der Taufe gehoben. Und als wir uns gefragt haben, wer das von uns präsentieren könnte, ist die Entscheidung auf mich gefallen. Und so bin ich zum Moderieren beim ORF gekommen. Dann ging die Reise richtig los und hat Fahrt aufgenommen. Danach kam Fanny’s Friday, und jetzt im Zuge des Ukraine-Kriegs gab es die interne Debatte im ORF, wie schwierige Inhalte auch für Kinder aufbereitet werden können. So ist die ZIB-Zack-Mini entstanden.
Du warst ja auch bereits Reporterin für Confetti-TV und hast auch bei diversen Fernsehanstalten im Ausland gearbeitet. Wann hast du begonnen, dich für Journalismus zu interessieren?
Lustig, ich werde in letzter Zeit öfters auf Confetti-TV angesprochen. Das war eine gute Zeit für mich. Aber richtig begonnen hat es erst während des Schreibens meiner Masterarbeit. Da habe ich zum ersten Mal sehr intensiv empirisch gearbeitet. Und da ist mir dann klar geworden, dass der Journalismus viele Möglichkeiten bietet und ich dadurch Einblick in andere Welten bekommen kann. So bin ich dann in der Medienwelt gelandet.
Ein Kind in Österreich muss nicht jede Gräueltat in einem Krieg genau kennen. Aber ein Kind muss das große Ganze verstehen.
Du wirkst sehr locker und schlagfertig. Hat das auch damit zu tun, dass du als viertes Kind mit drei älteren Brüdern aufgewachsen bist?
(Lacht) Ja, das hat mich auf jeden Fall geprägt. Wenn man drei ältere Brüder hat, gewöhnt man sich daran, dass man immer dagegenreden muss. Körperlich war ich leider unterlegen, deswegen ist mir nur die Sprache geblieben, um mich zu wehren. Und ja, ich glaube das hat mich abgehärtet. Zudem bin ich so gepolt, dass ich immer das sagen muss, was ich mir denke. Damit habe ich mich auch schon in die Nesseln gesetzt.
Wie bereitet man schwierige Themen und ernste Nachrichten für Kinder auf? Worauf muss man da besonders achten?
Nachrichten für eine Zielgruppe zwischen sechs und zehn Jahren sind schon heikel. In erster Linie schaue ich, welche Sprache ich benutze. Die Sprache ist das A und O. Ich muss etwa Begriffe wie NGO oder Gemeinschaft immer hinterfragen, ob ein Kind das verstehen kann. Du überprüfst permanent deine Sprache doppelt und dreifach. Zudem ist der Zugang zu den Themen ein anderer. So berichten wir etwa nur dann über einen Raketeneinschlag in der Ukraine, wenn wir das Gefühl haben, dass er auf der Metaebene einen starken Einfluss hat. Das heißt: Ein Kind in Österreich muss nicht jede Gräueltat in einem Krieg kennen. Aber ein Kind muss das große Ganze verstehen. Damit es Teil des öffentlichen Diskurses sein kann. Und das nimmt dem Kind auch teilweise die Angst, wenn es versteht, was da passiert. Vor allem bei den Bildern selektieren wir ganz bewusst. Die haben eine riesige Wirkungsmacht. Wir lösen das dann oft mit Grafiken oder selbstgezeichneten Bildern.
Du machst ja nicht nur Fernsehen für Kinder sondern auch für Erwachsene. Wie schwer fällt es dir, zwischen den beiden Welten hin und her zu switchen?
Für mich gibt es da gar kein Switchen zwischen den Welten. Mensch ist Mensch. Ich gehe da bei beiden Zielgruppen mit der gleichen Ernsthaftigkeit und Intensität ans Werk. Zudem bin ich immer gleich mit allen per du, auch mit Vorgesetzten und älteren Personen. Das ist mein Naturell. Viele Erwachsene schreiben uns, dass auch sie gerne Kindernachrichten schauen und die Aufbereitung mögen. Ich versuche immer, ich selbst zu bleiben, denn ich kann mich sehr schwer verstellen. Ich kann auch keine Texte wiedergeben, die ich nicht selbst geschrieben habe. Das macht mir dann oft doppelte Arbeit. Aber es geht nicht anders.
Gibt es Themen, die du für Erwachsene machen würdest und für Kinder nicht? Beziehungsweise auch umgekehrt?
Kinder interessieren unerwarteter Weise oft ganz abstrakte Dinge. Wir bekommen dann oft so Fragen wie: Warum ist Europa der einzige Kontinent, der mit E anfängt? Und das ist dann mitunter auch ganz schön knifflig, solche Fragen gut und sinnvoll zu beantworten. Es gibt aber eigentlich kein Thema, das mir da einfällt. Es geht dann vor allem wieder um die Aufbereitung. Man kennt das ja, dass Kinder alles mitbekommen, was auf dieser Welt passiert und sehr neugierig sind. Kinder wollen und sollen am Diskurs teilnehmen.
Wir leben in unruhigen und unsicheren Zeiten. Es gibt eine Klimakrise, es gibt eine Pandemie, die noch nicht vorüber ist, es gibt einen Krieg vor unserer Haustüre und die Zeiten werden rauer und ungemütlicher. Das sind alles Themen, die die Kinder aufrütteln und beängstigen. Aber man muss diese ansprechen?
Auf jeden Fall. Die Klimakrise ist bei uns omnipräsent. Auch soziale und gesundheitliche Aspekte interessieren die Kinder. Es ist wichtig, dass ein Kind, das wohlbehütet in Europa aufwächst, weiß, dass nicht alle Kinder gleich leben, und dass es viel Armut und Hunger auf der Welt gibt. Das muss man sehr feinfühlig aufarbeiten und ideal ist es, an einem konkreten Beispiel diese Geschichten zu erzählen.
Wichtig ist, es bei solchen schwierigen Themen auch immer aufzuzeigen, dass man etwas dagegen tun kann und Lösungen anbietet. Damit die Welt der Nachrichten die Kinder nicht hilflos und geknickt zurück lässt.
Georg Widerin
Den Hauptartikel der Sam Ausgabe 22/04 können sie hier lesen.
Ein Teil des Interviews auf RadioSamariterbund nachhören.
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