Der Samariterbund stellt sich auf den Temperaturanstieg ein. Was hat große Trockenheit mit den Sozialmärkten zu tun? Warum können auch Wohnungslose von einem Blackout betroffen sein? Und wie geht es eigentlich Therapiebegleithunden an echten Hundstagen?
Die Klimakrise mit ihren immer häufigeren Hitzeperioden und höheren Durchschnittstemperaturen beschäftigt auch den Samariterbund Wien schon seit Jahren. Die Folge: So breit, wie das Angebot an Hilfsleistungen ist, so unterschiedlich sind auch die Antworten auf 30 Grad plus.
Kühle ist bei Georg Jelenko nicht nur eine Frage des Komforts. Sie ist für den Leiter der fünf Sozialmärkte des Samariterbund Wiens das A und O. Denn ohne sie geht nichts, weil das Wichtigste aus der Angebotspalette für von Armut betroffene Menschen keine Hitze verträgt: die Lebensmittel. Das beginnt schon beim Abholen gespendeter Ware in Supermärkten oder Restaurants. Um die Kühlkette nicht zu unterbrechen, sind Fahrzeuge mit speziellen Kühlaggregaten notwendig, die den Transport bei konstant acht Grad ermöglichen – Kühlschranktemperatur. Bei höheren Werten auf dem Außenthermometer müssen die Aggregate allerdings eine höhere Leistung erbringen, was den Energieverbrauch steigert und damit die Kosten.
Doch hat die Klimakrise hier noch weitere Auswirkungen. Bei großer Trockenheit sinkt das Angebot an Obst und Gemüse, weil insgesamt weniger geerntet und in den Märkten entsprechend weniger abgegeben wird. Betroffen sind zum Beispiel Salat, Mais, Erdbeeren. Zukünftig also könnte sich, so prognostiziert Jelenko, das Sortiment entsprechend verändern. Zum Beispiel durch heimischen Anbau von Obst und Gemüse, das besser an wärmeres Klima angepasst ist.
Immer mehr Patient:innen mit Hitzekollaps
Weniger Einsätze erwartet Michael Berger, Leiter der Rettungs- und Krankentransporte beim Samariterbund Wien, nicht. Allein die Anzahl der Hitzekollapse hat in den vergangenen Jahren stetig zugenommen. Auf 22 Grad sind die inzwischen durchwegs klimatisierten Krankenwägen temperiert, sodass Sanitäter:innen wie Patient:innen einen kühlen Kopf behalten bzw. bekommen. Bei 35 Grad Außentemperatur sollte die Tür am Heck aber trotzdem nicht allzu lang offenstehen. Denn selbst die Kühleinheiten dieser Spezialfahrzeuge stoßen irgendwann an ihre Grenzen. Und freilich sind die Zwölf-Stunden-Dienste für die Rettungswagenbesatzungen durch die Hitze anstrengender geworden. Da heißt es viel trinken und passend pausieren. Vielleicht gibt es zudem von anderer Seite Entlastung: Berger denkt hier an atmungsaktivere Stoffe bei den Uniformen, die eine Erleichterung bedeuten könnten.
Wohnungslose sind der Hitze besonders ausgeliefert
Wer keine Wohnung hat, ist so unmittelbar von der Klimakrise betroffen wie sonst wohl kaum jemand. Stürmen, Starkregen, aber eben auch Hitzestaus in der Stadt sind Wohnungslose schutzlos ausgeliefert – es sei denn, sie haben etwa in einer der Unterkünfte des Samariterbund Wiens Platz gefunden. Durch die Wärme hat sich dort, wie in anderen vergleichbaren Wohnungen auch, der Alltag verändert. Für Entlastung sorgen deswegen unter anderem bauliche Veränderungen wie die Anbringung von Außenjalousien – was ebenfalls für die Senioren-WGs gerade ein Thema ist. Dass die Klimakrise durch die Überlastung der Stromnetze einen Blackout verursachen könnte, diskutiert der Bereich Wohnungslosen- und Flüchtlingshilfe bereits seit dem vergangenen Jahr, um eine möglichst gute Versorgung der Klient:innen auch in einer solchen Situation gewährleisten zu können.
In der Pflege bleibt den Mitarbeiter:innen von Hermine Freitag nicht viel mehr, als den Klient:innen verschiedene Tipps zu geben: von der Verschattung und morgendlichem Lüften über das Tragen leichter Kleidung und Vermeiden schwerer oder scharfer Speisen bis hin zum Verzehr von kühlenden Lebensmitteln wie Gurken oder Wassermelonen. Und natürlich die Klient:innen noch mehr als früher an das Trinken, etwa Pfefferminztee, zu erinnern. Die Pfleger:innen selbst haben die Dienstkleidung bereits adaptiert und tragen an solchen Tagen T-Shirts statt Polohemden. Gut haben es die Ausbilder:innen im Schulungsbetrieb. Ihre Räume sind schon komplett klimatisiert, in denen sie die Teilnehmer:innen der Erste-Hilfe-Kurse mehr denn je für das Erkennen von Sonnenstich sowie Hitzschlag sensibilisieren und ihnen dazugehörige Maßnahmen beibringen.
Hundstage für Vierbeiner
Es sind mit die beliebtesten Kolleg:innen im Samariterbund Wien, die der Hitze nicht einfach durch angepasste Kleidung begegnen können. Sie tragen immer ihr Fell. Die Besuchs- und Therapiebegleithunde der Gruppe Favoriten schieben maximal zwei Mal pro Woche Dienst, jeweils bis zu 50 Minuten, sind unter anderem in Seniorenheimen und Kindergärten unterwegs. Die Hitze hat gleich doppelte Veränderung gebracht. Zum einen muss häufiger als früher die wöchentliche Zwei-Stunden-Trainingseinheit abgesagt werden, denn ab 28 Grad ist es für die Tiere schlicht zu heiß und das Ausweichen in eine Halle nicht immer möglich. Ab 30 Grad gibt es grundsätzlich keine Einsätze mehr, oder sie werden abgebrochen. Besonders Huskys und Neufundländer haben es schwer bei den weiter steigenden Temperaturen. Doch geben die Hunde samt ihren Besitzer:innen nicht auf, werden Trainingseinheiten in die Abend- oder wochenendliche Morgenstunden verlegt, verkürzt und die Einsätze auf den frühen Vor- oder späten Nachmittag terminiert, bevorzugt in gekühlten Innenräumen oder schattigen Gärten. Dort lassen sich dann auch echte Hundstage aushalten.
Michael Brommer
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